Zu den pflegenswerten botanischen Epiphyllen gehört ohne Zweifel auch die hier vorgestellte Pflanze, die den meisten Kakteenfreunden wohl eher unter dem alten und kürzeren Namen Epiphyllum pittieri bekannt sein dürfte. Sie wurde 1898 von dem elsässisch-französischen Generalarzt Albert Weber zunächst und, wie damals üblich, als Phyllocactus pittieri beschrieben, ehe sie 1913 von Britton & Rose aus Prioritätsgründen in die Gattung Epiphyllum Haworth gestellt wurde, wo sie über 5 Jahrzehnte als eigenständige Spezies geführt wurde. Im Jahre 1964 befasste sich Myron Kimnach in einer längeren Abhandlung (vgl. Cact.Succ.J.(Am.) 36 (4): 105-115) mit dem Epiphyllum phyllanthus-Komplex, die viel zur Klärung der verwandtschaftlichen Verhältnisse innerhalb dieser Gruppe wie auch unter den Epiphyllen allgemein beigetragen hat. Als Ergebnis dieser Arbeit wurden etliche, bis dato selbständig geführte Arten - darunter die hier besprochene - zu Varietäten obiger Art umkombiniert, eine Ansicht, die sich als richtungsweisend herausstellte und heute weitestgehend akzeptiert wird.
Von Epiphyllum phyllanthus (L.) Haworth unterscheidet sich unsere Varietät im Prinzip nur in einigen quantitativen und deshalb relativ unwesentlichen Merkmalen. Bei insgesamt sehr ähnlichem Habitus werden die Blüten mit 9 - 15 cm Länge bestenfalls nur halb so lang (bei E. phyllanthus var. phyllanthus bis 30 cm!), bei ca. 6 - 7 cm Durchmesser aber gut doppelt so breit wie bei der Stammart. Sie öffnen sich, wie bei allen anderen Mitgliedern dieses Formenkreises, sternförmig (radförmig), wobei sich die grünlichen bis schwach rosafarbenen äußeren Kronabschnitte elegant zurückbiegen. Die etwas kürzeren inneren Blütenblätter sind rein weiß, schmal und langgespitzt und wirken fast filigranartig. Die Staubgefäße sind gleichmäßig rings um den nur wenig längeren, rosa bis gelblich gefärbten Griffel angeordnet
und ragen - bedingt durch die radförmig geöffnete innere Blütenkrone - weit hervor. Die nächtlichen Blumen verströmen einen hyazinthenartigen Duft und halten normalerweise bis in die frühen Morgenstunden, können aber an trüben, regnerischen Tagen bis in den Vormittag hinein geöffnet bleiben. Die frischgrünen, sich reichlich verzweigenden Flachtriebe werden hier bei uns meist nur ca. 3 cm breit und gehen mangels genügender Steifigkeit bald in einen hängenden Wuchs über. Die Ränder sind schwach stufig gekerbt und, wie bei den andern phyllanthus-Verwandten auch, mehr oder weniger hornfarben. Nicht selten bilden sich ohne unser Zutun Früchte an ihnen, die nur ca. 3 cm lang werden und durch ihre rote Farbe sowie ihre miniaturhafte Form recht zierend wirken.
Abb. 1 Epiphyllum phyllanthus var. pitterii
Wie 'Epiphyllum oxypetalum' und 'Epiphyllum anguliger', die in den letzten beiden Ausgaben der "Kaktusblüte" von mir vorgestellt wurden, ist auch Epiphyllum phyllanthus var. pittieri allen interessierten Kakteenfreunden sehr zu empfehlen. Die Pflanze wächst gut und benötigt in Ampeln gezogen relativ wenig Platz. Bei richtiger Pflege, die unkompliziert ist und genau wie bei Epiphyllum oxypetalum beschrieben erfolgen sollte (vgl. 'Kaktusblüte' 1995 : 19-22), erscheinen im Sommer reichlich Blüten, die in der Dunkelheit der Nacht wie zierliche, schimmernde Sterne das Auge des Betrachters entzücken.
Der Artikel 'Epiphyllum phyllanthus var. pitterii', wurde 1997 in der 'Kaktusblüte' der Wiesbadener Kakteenfreunde veröffentlicht. Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion der Kaktusblüte.