Falls man als Kakteenfreund über ein Sortiment von Schlumbergeras verfügt, kann man der ereignislosen, blütenarmen Jahreszeit zwischen Oktober und März gelassen entgegensehen. Wenn sich fast alle unsere terrestrischen Kakteen schon auf die bevorstehende Winterpause vorzubereiten beginnen, erwachen unsere Weihnachtskakteen unter dem Einfluß kürzer werdender Tage und absinkender Nachttemperaturen zu neuem Leben, nachdem sie die heißen Sommertage in einer Periode der Ruhe leidlich überdauert haben. Bereits im Laufe des Septembers setzen einige frühe Sorten ihre Knospen an, die sich dann - je nach Wetterlage - schon in der ersten Oktoberhälfte zu ersten Blüten entwickeln können. Durch geschickte Auswahl unter den mittlerweile reichlich vorhandenen, zu verschiedenen Zeiten blühenden Gartenformen ist es heute ohne weiteres möglich, den einmal begonnenen Blütenreigen sukzessive über die Weihnachtszeit bis in die späten Dezembertage und sogar bis in den' Januar hinein andauern zu lassen, ohne daß damit schon ein Ende erreicht sein muß, wie wir noch erfahren werden.
Die Blumen dieser auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannten Pflanzen sind nicht nur schön, sondern haben auf Grund ihrer meist ausgeprägt zygomorphen Form etwas Exotisches an sich, ein Eindruck, der noch dadurch verstärkt wird, daß manche von ihnen am Ende der Sproßglieder eine Art "schwebende" Haltung einnehmen, was ihren Hauptbesuchern in der Natur, den Kolibris als Bestäubern, sehr entgegenkommt, denen sie auch sonst in ihrem äußeren Erscheinungsbild angepaßt und damit auch sehr ähnlich sind (siehe Zeichnung Abb. 1).

Abb.1 Bestäubung einer vogelblütigen zygomorphen Blüte von
Schlumbergera truncata durch einen Kolibri (Verändert nach Barthlott). Aus Rauh, Kakteen an Ihren Standorten.
Es ist nur zu bedauern, daß so relativ wenige Kakteenfreunde sich an diesen Pflanzen erfreuen wollen, die - wie viele andere epiphytischen Kakteen auch - kaum einmal Aufmerksamkeit in der Literatur finden, die ihnen wegen ihrer vielen interessanten Merkmale und Eigenschaften eigentlich zukäme. Weihnachtskakteen und ihre nächsten Verwandten, die Osterkakteen, führen leider, und völlig zu Unrecht, ein Schattendasein in der Kakteenliebhaberei, wofür es allerdings Gründe gibt, mit denen ich mich in einem früheren Heft von "Kaktusblüte" bereits eingehender auseinandersetzte (Meier 1988). Wenn wir über Weihnachtskakteen sprechen wollen, ergeben sich sofort Probleme der Definition und der Nomenklatur. Letztere ist -- wie bei vielen anderen Kakteen auch - sehr wechselhaft in der Vergangenheit gewesen, ehe man zu den heutigen, relativ gesicherten Erkenntnissen vom Umfang der Gattung und ihren taxonomischen Zusammenhängen gelangte, über die zu berichten hier nicht meine Aufgabe sein kann. Es mag genügen, in diesem Zusammenhang zu erwähnen, daß einige Arten der heutigen Gattung schon bei Cereus, Epiphyllum Haworth, Epiphyllum Pfeiffer, Schlumbergera, Zygocactus und Epiphyllanthus geführt wurden, ehe Hunt 1969 den Grundstein für das Genus Schlumbergera in seinem heutigen Ausmaß legte, dem sich seitdem noch eine neu beschriebene Art sowie 2 intragenerische Hybriden zugesellten. Verwirrung stiftet leider immer wieder die Tatsache, daß ein naher Verwandter, unser bekannter Osterkaktus Rhipsalidopsis gaertneri, von einigen Autoren hartnäckig bei Schlumbergera geführt wird, ein Fehler, der in früheren Zeiten, als äußere Ähnlichkeiten bei der Klassifikation ein größeres Gewicht besaßen, vielleicht erklärbar war, heute aber, nachdem die Zusammenhänge innerhalb des Tribus Rhipsalideae einer weitgehenden Klärung entgegengehen, eigentlich nicht mehr entschuldbar ist. Der weniger informierte Liebhaber muß auch wissen, daß im Gartenbau noch immer der alte Gattungsname Epiphyllum im Sinne Pfeiffers allgemein üblich ist, und auch die synonymen Bezeichnungen Zygocactus wie Epiphyllanthus vielfach noch in Gebrauch sind.
Zu dem oben angesprochenen Problem der Definition ist zu sagen, daß man unter Weihnachtskakteen im strengen Sinn eigentlich nur alle Kreuzungsprodukte zwischen den Arten Schlumbergera truncata (Haworth) Moran und Schlumbergera russeliana (Gardner) Br. & R. versteht, deren sich wenig unterscheidenden "Urformen" aus dem letzten Jahrhundert wohl aus Unkenntnis ihrer hybriden Natur zunächst als Schlumbergera bridgesii (Lemaire) Loefgren beschrieben wurden, ehe sie von dem Engländer Will Tjaden 1964 korrekt zu Schlumbergera x buckleyi (Buckley ex Moore) Tjaden umkombiniert wurden, wobei es nun völlig unbedeutend ist, welche der o.a. Arten jeweils als "Vater" oder "Mutter" fungiert hat. Sie gelten deshalb als "eigentliche" Weih-

Abb.2 Schlumbergera russeliana.
nachtskakteen, weil sie sich durch ihre relativ späte Blütezeit um das Christfest herum auszeichnen, einer Zeit, die ungefähr in der Mitte liegt zwischen den Blütezeiten der beiden Eltern, die im Oktober/ November (Schlumbergera truncata) bzw. im Februar/März (Schlumbergera russeliana) liegen. Durch zahlreiche Kreuzungen dieser Hybriden untereinander sowie auch auf Grund häufig vorgenommener Rückkreuzungen nach Schlumbergera truncata hin ist die Blütezeit dieser Gartenformen vielfach so sehr verfrüht worden, daß sich Überschneidungen mit der letztgenannten Art ergeben haben, die man deshalb heute in diese Pflanzengruppe einschließt, zumal sich der jeweils gewünschte Zeitpunkt der Blüte durch spezielle Kulturmaßnahmen fast beliebig manipulieren läßt 1). An dieser Stelle ist es vielleicht ganz zweckmäßig, kurz aufzuzeigen, wie der interessierte Liebhaber die beiden Ausgangsarten auseinanderhalten kann bzw, woran er eine Hybride zu erkennen vermag, bei der sich bekanntlich die Merkmale beider Eltern irgendwie - wenn auch nicht immer in "anteilsmäßig" gleichen Maßen - widerspiegeln. Zunächst sind da habituelle Unterschiede: Schlumbergera truncata hat Sproßglieder, die am Rande in aller Regel gezähnt, bei Schlumbergera russeliana aber stets gekerbt sind; dabei wächst die erstgenannte Art eher aufrecht-überhängend, letztere ausladend-herabhängend. Die "schwebenden" Blüten von Schlumbergera truncata sind ausgeprägt zygomorph mit ovalem Pericarpell und leicht nach unten gebogenem Griffel mit Narben, der die gelblichen Staubgefäße meist mehr oder weniger weit überragt, während die mehr hängenden, fast oder völlig radiären Blüten von Schlumbergera russeliana ein kantiges Pericapell besitzen. Der Griffel mit Narben ist des weiteren gerade und etwa gleich lang wie die Staubgefäße mit ihren ins Lila gehenden Staubbeuteln. Bei den ersten buckleyi-Hybriden, von denen lediglich die violettblütige Sorte 'Le Vesuv' noch heute des häufigeren anzutreffen ist, überwogen äußerlich noch eindeutig die russeliana-Merkmale, als da sind: gekerbte, jedoch deutlich vergrößerte Sproßglieder, eher hängender Wuchs, nur schwach ausgeprägte Zygomorphie der Blüten, kantiges Pericarpell, Staubgefäße und Griffel von ziemlich gleicher Länge. Bei den später entstandenen Kultivaren wurde dann zunehmend auf truncata-Eigenschaften hin selektiert, so daß man bei manchen modernen buckleyi-Sorten schon genau hinsehen muß, um noch Merkmale der anderen Ausgangsart auszumachen.
Das gärtnerische Interesse liegt heute also eindeutig mehr bei den Pflanzen, bei denen Schlumbergera truncata-Merkmale überwiegen, was seine guten Gründe hat. In der Anfangszeit waren vornehmlich die buckleyi-Hybriden sehr beliebt, weil sie im Gegensatz zu den Wildformen viel leichter zu kultivieren waren. Schlumbergera truncata und Schlumbergera russeliana wachsen in ihrer Heimat endemisch in ganz begrenzten Arealen mit ausgeprägt singulären klimatischen Verhältnissen 2) und nehmen jeden Standortwechsel auch schon in ihrem Heimatland übel. Die Hybriden entstanden jedoch in Europa und verhielten sich dementsprechend sehr viel manierlicher! Als es später gelang, auch Schlumbergera truncata hier aus Samen zu ziehen, stellte sich derselbe Effekt ein 3), so daß man nicht mehr nur auf die Hybriden angewiesen war. Überdies erwies sich diese Art im Gegensatz zur relativ uniformen Russeliana als überaus variabel in der Blütenfarbe, die schon in der Natur alle möglichen Varianten von weiß über rosa, lachs, orange, rot bis violett umfassen kann. Einige dieser im wesentlichen nur in den Blütenfarben unterschiedlichen Formen wurden sogar als separate Arten beschrieben, z.B, die weiße Schlumbergera delicata N.E.Brown oder die orangerote Schlumbergera altensteinii Pfeiffer u. a., die später allerdings Varietätsrang erhielten. Auch von der Blütengröße und -haltbarkeit, vom Habitus und Wuchsverhalten her ergaben sich Unterschiede, so daß einzelne, geschickt selektierte Klone als Naturformen schon bemerkenswerte Qualitäten zeigen können, die durch "Kreuzung" dieser Klone untereinander noch gesteigert werden konnten. Als Beispiel möchte ich hier die bereits länger bekannte, hervorragende Sorte ´Weihnachtsfreude´ (auch als 'Königers Weihnachtsfreude' bekannt) anführen, von der man annimmt, daß sie entweder eine direkt aus Importsamen gezogene Selektivform darstellt, oder aber als Produkt einer solchen "Kreuzung" entstand, auf jeden Fall also keine echte Hybride ist 4). Ein weiterer Grund, warum sich heutzutage die truncata-Formen bzw. die buckleyi-Hybriden mit überwiegend truncata-Eigenschaften durchgesetzt haben, liegt nicht zuletzt darin begründet, daß diese Pflanzen, wie oben schon erwähnt, mehr zu aufrechtem Wuchs neigen und damit angenehmer
und platzsparender zu halten sind. Die alten Hybriden wurden bald zu ausladend und überhängend, so daß ihre Sproßsegmente nach kurzer Zeit zu sehr in die Nähe des Bodens rings um die Pflanzgefäße gelangten und den Blüten kaum genügend Raum zur Entfaltung boten. Diese Exemplare mußte man deshalb in Ampeln oder hochgepfropft als sogenannte "Kronenbäumchen" halten, was ihre Tauglichkeit in der Praxis aber nicht unwesentlich einschränkte.

Abb.3 Schlumbergera ´Weihnachtsfreude´.
In dem Buch werden ca. 225 Weihnachtskakteen namentlich aufgelistet, die seit den Anfängen der Züchterei in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts bekannt geworden sind. Dabei sind gerade in den vergangenen Jahren zahlreiche Neuzüchtungen insbesondere amerikanischer, deutscher, dänischer, englischer und holländischer Gartenbaubetriebe auf den Markt gekommen, so daß die o.a. Zahl mit

Abb.4 Christmas Cacti, A.J.S. McMillan.
Sicherheit um einiges überschritten sein dürfte. Dies zeigt, daß das Interesse an diesen Pflanzen allgemein groß ist, wenn auch nicht unbedingt bei den Kakteenfreunden,. worauf ja schon anfangs hingewiesen wurde. Offensichtlich sind Weihnachtskakteen - wie übrigens auch unsere Osterkakteen - als Handelspflanzen von ziemlicher Bedeutung.für den Erwerbsgartenbau, wofür die saisonal zu Hunderttausenden herangezogenen Pflanzen in gärtnerischen Großbetrieben des In- und Auslandes ein beredtes Zeugnis ablegen. Diese nach Farben sortierten Pflanzen tragen alle einen Namen und werden über den Großhandel vermarktet, ehe sie ihren Weg in die Blumenläden, Supermärkte oder Gartencenter finden. Leider gehen diese Namen auf dem Weg vom Produzenten zum Händler verloren, so daß diese Sorten, die sich ausnahmslos durch hervorragende Qualität und leichte Kultur auszeichnen, leider anonym bleiben. In Kakteengärtnereien, die diesem Mißstand abhelfen könnten, sind diese "Allerweltskakteen" kaum zu haben, so daß es schwer fällt, Bezugsquellen zu finden, bei denen man sortenechte Exemplare in genügender Auswahl bekommen kann. Über die Kultur unserer Weihnachtskakteen gibt es eine Menge zu sagen. Zunächst, jeder Kakteenfreund weiß, daß Importe grundsätzlich schwieriger zu halten sind als aus Samen gezogene Pflanzen. Bei Schlumbergeras ist dieser Unterschied besonders krass, so daß ich jeden, auch den erfahrensten Kultivator, vor Schlumbergera-Wildpflanzen, gleich welcher Art, nur warnen kann. Sie sind selbst gepfropft derart heikel, daß man wenig Freude an ihnen hat! Nur unter großen Mühen und mit beträchtlichem materiellen Aufwand ist es möglich, diese Exemplare hier bei uns dauerhaft am Leben zu erhalten und zur Blüte zu bringen. Nur selten einmal findet man Klone, die sich einigermaßen gut an die klimatischen Verhältnisse hierzulande anpassen lassen. Wieviel einfacher sind dagegen die modernen Neuzüchtungen zu halten, die bei Berücksichtigung ihrer elementarsten Bedürfnisse auch z.B. im direkten Vergleich mit ihren nächsten Verwandten, den Osterkakteen, selten Probleme machen! Einzig die weißblühenden Sorten sind empfindlicher und müssen etwas wärmer stehen.
Es dürfte wohl allgemein bekannt sein, daß Schlumbergeras als Epiphyten oder Lithophyten anders zu behandeln sind wie unsere terrestrischen Kakteen. Wichtigste Leitlinie bei der Kultur ist, darauf zu achten, daß das Substrat immer, also sommers wie winters, eine gleichmäßige Feuchtigkeit aufweist. Man vermeide unbedingt extreme Nässe wie Trockenheit, die zur Zerstörung des empfindlichen Wurzelwerks infolge Fäulnis bzw. Austrocknens führen würden. Eine Substratmischung aus ca. 2/3 Raumanteilen Torf bzw. einer der handelsüblichen Blumenerden ohne Lehm und 1/3 grobem, mineralischen Materials (z.B. Bims, Lavalith, Perlite, feiner Blähton) hilft, dieser Forderung nachzukommen; Zusätze von nicht zu feiner Kiefernborke, granulierter Holzkohle oder getrocknetem Rinderdung, Guano, etc. sind zwar nicht unbedingt nötig, können sich aber sehr vorteilhaft auswirken. Nach alter Gärtnerregel . hat eine solche Pflanzerde die richtige Konsistenz, wenn man eine Handvoll derselben in feuchtem Zustand stark zusammenpreßt, und sie danach wieder auseinanderfällt, also nicht zusammenklebt! Damit ist gewährleistet, daß die Erde in der Praxis überschüssiges Wasser hindurchzulassen vermag, gleichzeitig aber auch eine gewisse Grundfeuchtigkeit über längere Zeit halten kann. Dabei ist wichtig, daß auch in den Ruhezeiten etwas gegossen werden muß, damit die feinen Epiphytenwurzeln nicht vertrocknen, was ebenso zu Wurzelverlust führen würde, wie übermäßige Nässe. In beiden Fällen müßten die Pflanzen sofort ausgetopft, von Erdresten befreit und wie Stecklinge behandelt werden. Zum Gießen verwende man - wie bei allen Epiphyten - immer schwach sauer reagierendes, nicht zu kaltes Wasser (p.h. 6 - 6,5), da auch Alkalität die Wurzeln schädigt. Der Torf im Substrat wirkt als "Puffer", wenn man einmal mit kalkhaltigem Leitungswasser gießen muß, was aber auf Dauer unbedingt vermieden werden muß. Gesunde Pflanzen erkennt man an ihren prallen, leicht glänzenden, dunkelgrünen Sproßsegmenten, die gelegentlich schwach rötlich überhaucht sein können. Welke, stumpfe Triebe deuten auf Wurzelkrankheiten hin, so daß sofortige Gegenmaßnahmen, wie oben geschildert, zu ergreifen sind. Schlumbergeras sind, Kurztagspflanzen. d. h. sie blühen nur, wenn sie zur Zeit der Blüteninduktion weniger als 12 Stunden pro Tag Licht bekommen. Dies ist bei uns ab September der Fall! Wichtig ist außerdem, daß die nächtlichen Temperaturen deutlich abgesenkt werden. Bei einer gleichmäßigen Wärme um die 20 Grad wird der Knos-
penansatz auch unter strengen Kurztagsbedingungen erschwert, bei noch höheren Temperaturen sogar gänzlich unmöglich! Dies ist oft der Grund dafür, daß Zimmerpflanzen nicht so recht blühen wollen. Manchmal ist hierfür auch die "Zusatzbeleuchtung" verantwortlich, die diese Exemplare "unfreiwillig" erhalten, wenn die Zimmer bewohnt werden, so daß ungewollt Langtagbedingungen für sie herrschen. Ein sehr probates Mittel, Weihnachtskakteen zum Blühen zu bringen, ist demnach, sie im Spätsommer in ein helles, ungeheiztes Zimmer zu stellen, oder sie sogar sommerlang draußen an regen- und windgeschützter, halbschattiger Stelle im Garten, auf der Terrasse oder in einer Veranda zu halten, wo die kühlen Nächte des beginnenden Altweibersommers in Verbindung mit den kürzer werdenden Tagen für einen totsicheren Knospenansatz sorgen, der sich sofort nach dem Einräumen vor Auftreten der ersten Nachtfröste einstellt. Die Pflanzen müssen jetzt wieder wärmer bei Mindesttemperaturen um 15 Grad stehen, damit sich die Blumen entwickeln können. Bei zu kühlem Stand blühen sie schlechter oder gar nicht; die Blütenfarben verändern sich außerdem nach violett hin, was besonders bei der neuen gelben Sorte 'Gold Charm' sowie bei allen weißen Kultivaren der Fall ist.

Abb.5 Schlumbergera ´Gold Charm´.
Nach der Blüte brauchen unsere Weihnachtskakteen eine Ruhezeit! Je kompromissloser dieser eingehalten wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit nach einer zweiten Blühperiode im Winterausgang, also je nach Sorte zwischen Januar und März, was nicht hinlänglich bekannt ist. Man stelle sie also wieder kühl (Temperaturen von 5 - 10 Grad werden von den meisten anstandslos vertragen!) und jetzt möglichst vollsonnig (was in den wärmeren Jahreszeiten ab März natürlich Verbrennungen zur Folge hätte!), wobei sparsam gegossen werden muß: Je kühler der Stand, desto vorsichtiger ist mit der Gießkanne umzugehen! Mit den wärmer werdenden Sonnenstrahlen in den ersten Wochen und Monaten des Neuen Jahres werden die meisten Sorten -. es herrschen ja noch immer Kurztagbedingungen - ein weiteres Mal blühen wollen, so daß durch geschickte Auswahl an Kultivaren, verbunden mit einer entsprechenden Pflege, ein fast ununterbrochener Blütenreigen über die ganze kalte, trübe Jahreszeit hinweg Wirklichkeit werden kann, und das alleine schon, so meine ich, ist doch einiger Mühen wert! Langjährig kultivierte Exemplare können zudem zu erstaunlichen Größen heranwachsen, und zu. welchen Blühleistungen diese in der Lage sind, muß man einfach einmal gesehen haben: Auf Postamenten stehend und in vollem Flor mit buchstäblich Hunderten von EinzeIblüten prangend, sind sie tagelang der vielbewunderte Blickfang gleichwohl für staunende Besucher wie auch für ihre stolzen Besitzer!
Fußnoten:
1) Die übrigen Arten und intragenerischen Hybriden der Gattung Schlumbergera, also Schlumbergera russeliana selbst, ferner Schlumbergera opuntioides (Loefgren & Dusen) Hunt, Schlumbergera microsphaerica (Schumann) Hövel, Schlumbergera orssichiana Barthlott & MacMillan sowie Schlurnbergera x exotica Barthlott & Rauh und Schlumbergera x reginae MacMillan & Orssich, bleiben in diesem Zusammenhang unberücksichtigt, weil sie andere Blütezeiten aufweisen.
2) Schlumbergera truncata stammt generell aus Lagen unterhalb, Schlumbergera russeliana aus Gebieten oberhalb 1500 m des ostbrasilianischen Orgelgebirges in der sog. Nebelwaldzone.
3) Leider- gilt dieses nicht für Schlumbergera russeliana, die stets heikel in Kultur geblieben ist.
4) Ein legitimer Ausdruck für diese Pflanzen ist die Bezeichnung "cultivar" (oder zu deutsch: "Kultivar "), ein künstlicher Begriff, entstanden aus den englischen Wörtern: "cultivated variety". Er stellt innerhalb des "International Code of Nomenclature for Cultivated Plants" die unterste Rangstufe dar und ist vergleichbar mit der Bezeichnung "Varietät" beim "International Code of Botanical Nomenclature". Kultivare sind selektierte Formen, die irgendwelche Besonderheiten aufzuweisen haben (z.B. ausgefallene Blüten, ungewöhnliches Wuchsverhalten, überdurchschnittliche Blühwilligkeit, etc.), die nicht verlorengehen sollen. Diese Individuen werden deshalb für
gewöhnlich nur vegetativ vermehrt und mit einem Namen belegt, der entweder mit einfachen Hochkommas gekennzeichnet wird oder der Abkürzung "cv" (für "cultivar") ohne Hochkommas folgen muß. Kultivare können sein:
a) Selektierte Naturformen. Beispiel: Nopalxochia phyllanthoides 'Deutsche Kaiserin', eine Ausleseform der botanischen Art mit etwas größeren Blüten.
b) Kreuzungen von verschiedenblütigen Individuen innerhalb einer natürlichen Art, deren Nachkommenschaft also noch keine eigentlichen Hybriden darstellen. Beispiel: Züchtung neuer Schlumbergera truncata-Forrnen, wie oben geschildert.
c) Mutationen, Chimaeren, Christate, etc. Beispiele: Die "roten" Gymnos, z.B. Gymnocalcium mihanovichii var. friedrichii 'Hibotan'; Echinopsis 'Haku-Jo ' (eine Chimaere); Lophophora williamsii 'Christata'
d) Selektierte Hybridformen. Beispiel: Man kreuzt Chamaecereus silvestrii mit einer Lobivia
und erhält eine große Anzahl von verschiedenen Sämlingen. Aus dieser sog. "Grex" werden einige besonders robuste und schön blühende Formen ausgelesen, benamt und vegetativ vermehrt. So z.B, dürfte die bekannte xChamaelobivia 'Hessenland' entstanden sein. Man sieht an diesen Beispielen, daß die Begriffe "Kultivar " und "Hybride" keinesfalls gleichgesetzt werden dürfen: Zwar ist jede Hybride, die vermehrt und verbreitet wird, ein Kultivar, doch ist umgekehrt nicht automatisch jeder Kultivar auch hybriden Ursprungs.
Der Artikel 'Weihnachtskakteen', wurde 1989 in der
'Kaktusblüte' der Wiesbadener
Kakteenfreunde veröffentlicht.
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion der Kaktusblüte.
